Über Den tanzen schrank

wenn sie sich fragen, wer und was dahintersteckt und warum überhaupt "Der tanzende schrank", dann finden sie hier vielleicht einige antworten darauf.


Unsere Philosophie.

Wir leben in einer Wegwerf-Gesellschaft, in der die alte Kommode an die Straße gestellt wird, weil sie ein paar Schrammen hat, um dann im Möbelhaus überteuerte, industriell hergestellte Presspanmöbel mit maschinell erzeugter "Patina" zu kaufen. Das muss nicht sein. Wir wollen dagegen steuern und machen aus ebendieser alten Kommode wieder ein ansehnliches Kunstwerk. Welches, im Idealfall, für viele weitere Jahre als ein dekorativer Gebrauchsgegenstand, Teil Ihres Lebens sein könnte. Durch meine Anfänge in dieser Branche und diverser "Probestücke" von der Straße, weiß ich, dass vieles auf der Deponie landet, was dort noch lange nicht landen müsste.

 

Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, Dinge aus vergangenen Zeiten zu erhalten und ihnen ein zweites Leben zu schenken. Vorzugsweise Möbel, bestenfalls aus Vollholz. Kein antikes, irgendwann einmal handgefertigtes Stück Tischlerarbeit mit Geschichte, hat es verdient auf dem Sperrmüll zu landen. In liebevoller Handarbeit wird jedes meiner Rohlinge - wenn nötig - vorab wieder repariert und dann aufgearbeitet. Wobei ich stets darauf achte, die dekorativen Charaktermerkmale beizubehalten, solange es die Funktion nicht beeinträchtigt. Das kann beispielsweise eine interessante Holzmaserung, oder ein besonderer, eigenartiger Abdruck auf der Oberfläche eines dreißiger-Jahre Buffets sein. Auf keinen Fall wird dieser ausgebessert. Denn, wie kam er dort hinein? Wer war dafür verantwortlich? Es ist mir wichtig diese Merkmale zu erhalten. Eben repariert - nicht tot-restauriert.  Das ist einfach Teil seiner Geschichte. 

Teil der geheimnisvollen Geschichte einer meiner tanzenden Schränke.

 

Wir arbeiten heute mit diversen Händlern zusammen und erstehen oder ersteigern bewusst vorwiegend die Stücke, die über kurz oder lang entsorgt worden wären. Seien es Möbelstücke durch verstorbene Großeltern, die von niemanden übernommen werden möchten oder können, oder defekte Ladenhüter vom Antik- oder Trödelhändler, die Aufgrund ihrer Beschädigungen kein neues zu Hause mehr finden. 


Das gesicht dahinter.

Hier folgt bald ein kurzer Text über mich mit Bildern der Werkstatt.


Für Lesewütige:

Das sitzmöbel mit dem alles begann.

Eine Unternehmensidee, geboren aus Müll der keiner war.

Der Urvater des tanzenden Schrankes
Der Urvater des tanzenden Schrankes

Es begann tatsächlich mit zwei alten Landhaus-Stühlen. Zufällig entdeckt auf dem Sperrmüll in einem Lüneburger Wohnviertel.

Mein Mann Tobias, ein Freund und ich waren mit meinem alten Chevrolet-Pick-Up unterwegs von Seevetal nach Lüneburg, um eine Chippendale-Kommode abzuholen, die ich ersteigert hatte für unser eigenes zu Hause. Mühselig manövrierten wir unseren 2,4 Meter breiten Koloss durch das enge Wohngebiet bis auf einen Hinterhof. Das alte Ehepaar erwartete uns bereits und begrüßte uns aus einem geöffneten Fenster aus einem der oberen Stockwerke. Wir luden die Kommode, sowie eine Stehlampe, einen Tisch und einen Teewagen ebenfalls im Chippendale-Stil auf die Ladefläche und verabschiedeten das unglaublich liebenswürdige, betagte Paar, das uns die zusätzlichen Möbel für wenig Geld überlassen hatten. Mit unserer neuen Errungenschaft rollten wir also wieder los. Es war gerade Sperrmüll in dieser Gegend und da Tobias fuhr, hatte ich Zeit zum Gucken. Ich entdeckte beim Vorbeifahren zwei alte Stühle, die wie eine bizarre Krone, oben auf einem Haufen aus zerstörten Pressspanmöbeln steckten. Ich erwähnte diese Entdeckung im Auto und sofort kam der Oldtimer zum stehen. Fragend schaute ich Tobias an, der darauf sagte: "Na, nehmen wir sie mit!" Zeit zum Antworten hatte ich keine, denn Enrico und er waren schon aus dem Auto gesprungen und verstauten auch diese beiden Möbel noch auf der Ladefläche. Wenn ich ehrlich bin, war mir das wirklich ein wenig unangenehm. Ich wurde dahin erzogen, dass der Sperrmüll anderer Menschen auf gar keinen Fall mitgenommen wird. (Als Kind bekam ich einmal einen Ärger, weil ich ein kleines Körbchen mit nach Hause brachte. Ich musste es wieder zurückbringen.)

 

Die Arbeit hatte sich gelohnt.
Die Arbeit hatte sich gelohnt.

Zu Hause angekommen, inspizierte ich unseren "Wildfang" dann genauer und konnte es kaum fassen, dass diese völlig intakten, bombenfesten, massiv-stabilen Stücke Handwerkskunst mit gedrechselten Beinen und gummigepufferten Edelstahlfüßchen, die schon einige Jahrzehnte lang überlebt hatten, nun einfach weggeworfen werden sollten.

Sofort wurde daraufhin die Landhausstuhl-Rettungs-Aktion gestartet. Ich organisierte ein Starterpaket mit Schleifpapier, eine Dose weißen Lack und ein wenig Möbelwachs. Tagelang schliff ich, damals noch per Hand, akribisch an dem ersten Stuhl herum, bis er endlich bereit für seinen neuen Anstrich war. Danach schliff ich noch einmal die Oberfläche an und machte den Stuhl, seinem Alter entsprechend, wieder alt und versiegelte das Finish mit Möbelwachs. Es flossen einige Stunden Arbeit in das erste Stück, aber der Aufwand hatte sich gelohnt und das Ergebnis war, was mich selbst wohl am allermeisten überraschte, ganz schick.

Danach hatte mich das Fieber gepackt. Ich wollte sehen, was ich aus anderen, nicht mehr so ansehnlichen Möbeln, noch machen kann. Kurz darauf war es auch bei uns so weit und sperrige, ausgediente Dinge wurden an die Straße getragen. Ich fuhr mit Tobias los und tatsächlich - in einem Wendehammer erspähten wir ein Konvolut intakter Kiefernmöbel. Mir war das natürlich noch immer unangenehm, hatte Angst gesehen zu werden und Tobias musste eine schwere Kommode allein in unseren Daily-Kleinwagen stopfen. Sie passte gerade so. Mit offener Heckklappe fuhren wir zurück. In meinem Bastelraum nahm ich das Möbel erst einmal auseinander, reinigte und schliff es. Die alten Knäufe nahm ich ab und spachtelte die Löcher zu, es sollten Griffschalen montiert werden. Eine Schubladenschiene wurde ersetzt. Ich strich auch jede Schublade von innen, unten, außen. Das große Ablagebrett hinter den Türen bekam eine Spitzenborte - wie in Omas Zeiten. Einige der  hübschen Astaugen wurden wieder heraus gearbeitet und zur Geltung gebracht, sowie die untere, zurückgesetzte Leiste naturbelassen und geölt. Die maschinell gefrästen Kanten der Schubladen und Türen schliff ich rund um den Anschein eines alten Möbelstückes zu erwecken. An der rechten Außenseite montierte ich kleine Haken zum Anhängen von Schlüsseln, Geschirrtücher etc. Ein ganzes Wochenende lang wurde der Schrank von mir in die Mangel genommen. Tag und Nacht. Ich hatte wohl ein neues Hobby.

Aus einem Schrank von der Straße entstand eine völlig neue und dekorative Kommode. Sie steht heute bei uns zu Hause und erinnert an die Anfänge.
Aus einem Schrank von der Straße entstand eine völlig neue und dekorative Kommode. Sie steht heute bei uns zu Hause und erinnert an die Anfänge.